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Nachhaltiges Anlegen - Von der Notwendigkeit zur Opportunität

23.3.2023

Nachhaltiges Anlegen stellt viele traditionelle Banken vor Probleme. Dabei kann das Thema das Bankwesen revolutionieren.

Regulatorisch sind Finanzberater bei Banken zunehmend gezwungen, ihre Kunden in Sachen Nachhaltigkeit zu beraten. Doch die Antwort auf die Frage, was eine nachhaltige Geldanlage überhaupt ist, ist vielen nicht klar. In den Siebzigerjahren wurde sie oft damit beantwortet, zu definieren, was sie nicht ist, nämlich eine Investition in Unternehmen, deren Geschäfte moralisch betrachtet sündhaft sind: Waffenproduzenten, Zigarettenhersteller oder Schnapsbrenner. Dieser Fokus auf ethisch motivierte Ausschlusskriterien prägte die erste Generation nachhaltigen Anlegens und ist bis heute präsent.

Nach der Jahrtausendwende wurden die sogenannten ESG-Kriterien entwickelt, die heute als Mainstream des nachhaltigen Anlegens bezeichnet werden können. Das Verständnis wuchs, dass ökologische und soziale Entwicklungen wie Klimawandel und Bevölkerungswachstum einen zunehmenden Einfluss auf die Geschäftstätigkeit von Unternehmen haben. So wurde für institutionelle Anleger die Integration von finanziell relevanten, materiellen ESG-Faktoren zur treuhänderischen Pflicht. Dass der ESG-Ansatz zu kurz greift, wird dadurch deutlich, dass immer mehr Privatkunden, denen die Wirkung ihrer Anlage wichtig ist, ihn als nicht ausreichend kritisieren.

Doppelte Materialität

Daher muss die Finanzindustrie einen Schritt weiter gehen in Richtung wirkungsorientiertes Anlegen oder Impact Investing. Hier steht die doppelte Materialität im Zentrum der Überlegungen, bei der nicht nur die Relevanz von ESG- Faktoren für die Geschäftstätigkeit betrachtet wird, sondern zusätzlich auch die Auswirkung der Geschäftstätigkeit auf Umwelt und Gesellschaft.

Als Leitprinzip eignen sich die siebzehn Ziele der Uno für nachhaltige Entwicklung, die den Fahrplan der Weltgemeinschaft in eine nachhaltige Zukunft darstellen. Es muss die Frage beantwortet werden: Was trägt mein Geld dazu bei, diese siebzehn Ziele, die von Armutsbekämpfung bis zur Friedensförderung reichen, bis 2030 zu erreichen? Für die meisten Banken ist der Fokus auf diese wirkungsorientierte Form nachhaltigen Anlegens noch weit entfernt. Doch wenn sie diesem Trend nicht folgen, dürften sie Kunden verlieren. Denn mit den Millennials und der Generation Z kommen zwei Generationen ins beste Anlegeralter, die nicht nur Digital Natives, sondern auch Sustainability Natives sind. Für sie ist das Erledigen von Bankgeschäften auf dem Smartphone so selbstverständlich wie die Erwartung, dass die Bank ihr Geld gewinnbringend anlegt und so, dass es künftigen Generationen nützt.

«Als Leitprinzip eignen sich die siebzehn Ziele der Uno.»

Sie sind die ersten Generationen, die mit der Gewissheit aufgewachsen sind, dass ihre Zukunft von den Entscheidungen und Investitionen von heute abhängt. Viele traditionelle Geschäftsbanken sehen diese Entwicklung als fundamentale Bedrohung. Sie haben nicht nur den technologischen Wandel verschlafen, sondern sind wegen vielfältiger Interessenkonflikte auch in Bezug auf die nachhaltige Entwicklung unseres Planeten eher Teil des Problems als Teil der Lösung. Entsprechend tief steckt der Kopf im Sand.

Forum für eine Community

Diese Entwicklung bietet die einzigartige Chance, die Kundenbeziehungen neu zu definieren und das Bankenwesen zu revolutionieren. Eine Bank, die sich den Ansprüchen und Erwartungen der zunehmend nachhaltigkeitsbewussten und digitalaffinen Kundschaft stellt, kann mehr sein als «nur» eine Bank. Sie kann zum persönlichen Berater für nachhaltige Finanz und Lebensthemen werden. Sie kann ein Forum für eine Community sein, die Know-how zur Nachhaltigkeit vermittelt und den Dialog fördert, den es dringend braucht, um die Welt als langfristig lebenswerten Ort zu erhalten.

Die Schlussfolgerung ist klar: Sustainable Investing muss als Chance verstanden werden. Als Chance, Platz zu schaffen für radikale neue Ideen. Mit dem Ziel, das eigene Kapital so einzusetzen, dass es für einen selbst arbeitet und möglichst vielen anderen auch nützt.

Dieser Artikel wurde ursprünglich in "Finanz und Wirtschaft" am 25. März 2023 veröffentlicht.

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