Wasserstoff: Königsweg für das Klima?

01.06.2022
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Wasserstoff ist in aller Munde. Er wird als einer der zukünftigen Energieträger gehandelt, welcher selbst für schwer dekarbonisierbare Sektoren wie beispielsweise die Stahlindustrie oder den Schwertransport eine CO2-arme Lösung darstellt. Doch wie steht es wirklich um Wasserstoff und sein Saubermann-Image? Wo ergibt die Technologie Sinn? Und wo stehen wir weltweit in der Annahme der Technologie?

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Klein, aber oho


Wasserstoff (H) ist das kleinste und leichteste bekannte chemische Element und damit Nummer eins im Periodensystem. Bei Raumtemperatur ist es ein farb- und geruchsloses sowie höchst brennbares Gas. Der Flüssigpunkt liegt bei -253 Grad Celsius. Aufgrund seiner kleinen Grösse kann Wasserstoff fast überall ein- und austreten. So stellt selbst Plastik kein Hindernis dar. Eine effektive Barriere kann nur mittels speziellen Metallen erstellt werden. Es ist zudem das mit Abstand häufigste Element in unserem Universum. Dies ist jedoch nicht der Fall für die Erde, wo Wasserstoff vorwiegend in gebundener Form vorkommt. Wasser (bestehend aus Wasserstoff und Sauerstoff – H2O) ist die bekannteste und auch am meisten vorkommende Verbindung. In der Luft kommt Wasserstoff vor allem als Wasserdampf vor. Wie der Name schon sagt, ist Wasserstoff auch Teil von Kohlenwasserstoffverbindungen wie Erdgas oder Erdöl.

Wasserstoff ist ökologisch sehr vorteilhaft, da seine «Verbrennung» via Brennstoffzelle keine Klimagase oder weitere unerwünschte Nebenprodukte wie Feinstaub erzeugt, sondern nur Energie und Wasser. Damit hat Wasserstoff das Potential ein klimaneutraler und gesundheitlich unbedenklicher Treibstoff zu sein.

Es gilt jedoch festzuhalten, dass Wasserstoff nur ein Energieträger und keine eigentliche Energieressource wie Öl, Erdgas oder Kohle ist. Das heisst, es gibt keine reinen Wasserstoffvorkommen, welche wir erschliessen und nutzen könnten. Wasserstoff muss also zuerst in grossen Mengen künstlich erzeugt und gelagert werden, bevor es genutzt werden kann.

Wasserstoff ist nicht gleich Wasserstoff – er ist grau, blau, oder grün


hydrogen atomsWasserstoff kann durch verschiedene Verfahren hergestellt werden, wobei heute in der Industrie primär die zwei Verfahren Dampfreformierung aus fossilen Brennstoffen und Wasserelektrolyse mithilfe elektrischer Energie relevant sind. Wie diese Verfahren vermuten lassen, hängt die «Sauberkeit» von Wasserstoff also von deren Herstellung ab. Dabei werden primär drei Typen unterschieden:

  1. Grauer Wasserstoff wird aus fossilen Brennstoffen (primär Erdgas) gewonnen, wobei zwischen 5 und 25 Tonnen CO2 pro Tonne Wasserstoff als Nebenprodukt anfallen.

  2. Blauer Wasserstoff wird auch aus fossilen Brennstoffen gewonnen, wobei das CO2 abgefangen und gespeichert wird (Carbon Capture und Storage, CCS). Diese Methode hängt also entscheidend von der Entwicklung der CCS-Technologie und deren Wirtschaftlichkeit ab.

  3. Grüner Wasserstoff wird via Elektrolyse aus Wasser gewonnen. Dabei wird Strom aus erneuerbaren Energien wie Solar oder Windkraft verwendet. Als Beiprodukt fällt kein schädliches CO2 an, sondern nur Sauerstoff.


Da die Erwartung besteht, dass zukünftig Carbon Capture und Storage in anderen Bereichen dringender benötigt wird und es zudem noch sehr viele offene Fragen bei dieser Technologie gibt, wird dergrüne Wasserstoff als die nachhaltigste Option betrachtet und steht somit im Fokus der Politik und Wirtschaft.

Wasserstoff versus Elektrifizierung: die grosse Konkurrenz?


Wasserstoff setzt zwar sehr sauber Energie frei, er bringt aber andere Herausforderungen mit sich. Dies betrifft insbesondere die Lagerung und den Transport aufgrund der sehr kleinen Grösse der Moleküle, des tiefen Flüssigpunktes, der hohen Entflammbarkeit und der Reaktionsfreude mit Sauerstoff (man erinnere sich an das Knallgas Experiment im Chemieunterricht).

Obwohl es heute bereits Wasserstoffautos und sogar -fahrräder gibt, wird in der Fachwelt davon ausgegangen, dass sich Wasserstoff eher in Bereichen jenseits der Elektrifizierung durchsetzen wird. Da wo Batterien zu schwer sind oder grosse Hitze benötigt wird, stellt er eine spannende Alternative dar. Konkret bedeutet dies, dass Wasserstoff in vier Bereichen als eine vielversprechende Technologie gilt: Schwertransport, Energiespeicherung, wärmeintensive Industrieprozesse wie die Stahlherstellung und als Ergänzung oder gar Ablösung von Erdgas als Heizmittel. Wichtig zu verstehen ist auch, dass Wasserstofflösungen in der Mobilität immer mit der Elektrifizierung zusammenhängen, da auch ein Wasserstoffantrieb einen Elektromotor und eine Batterie benötigt. Auf dem Weg zu einer CO2-armen Gesellschaft sind Wasserstoff und Elektrifizierung also weniger Konkurrenten als sich ergänzende Partner.

Kosten, Kosten und nochmals Kosten


Entscheidend für neue Technologien ist nicht zuletzt, ob und wann sie ökonomisch konkurrenzfähig mit den konkurrierenden herkömmlichen Technologien sind. Auf dem Höhepunkt des Gaspreises der letzten Jahre (Oktober 2021) erreichte grüner Wasserstoff bereits die Preisparität mit grauem Wasserstoff. Unabhängig von der Volatilität des Gaspreises konnte aber eine tiefgreifendere und längerfristige Entwicklung beobachtet werden, die einerseits einen tieferen Preis von grünem Wasserstoff und andererseits eine erhöhte Kapazität und Marktadoption zeigt:

  1. Die Kosten für erneuerbare Energien und auch Elektrolyse sind stark gefallen und fallen noch weiter. Die Kosten für grünen Wasserstoff sind daher in den letzten 5 Jahren um 50% gesunken. Es wird erwartet, dass sie bis 2030 um weitere 60-90% fallen werden. Dagegen werden für fossile Energien auch längerfristig steigende Preise erwartet.

  2. Es zeigen sich technologische Weiterentwicklungen bei Elektrolyseuren und Brennstoffzellen, die deren Effizienz weiter erhöhen und damit die Attraktivität der Technologie steigern.

  3. In den letzten Monaten haben verschiedene Länder weltweit, so auch die EU, Wasserstoff als eine wichtige Komponente bei deren Dekarbonisierungsstrategien erkannt und tiefgreifende Gesetzesentwürfe und Förderprogramme verabschiedet. Länder, die gemessen am BIP zusammen ca. 70% der weltweiten Wirtschaftsleistung erbringen, haben inzwischen eine Wasserstoffstrategie definiert. Der EU und China werden hier Vorreiterrollen zugeschrieben.

  4. Auch in der Privatwirtschaft zeichnet sich eine klare Dynamik ab. Parallel zu den politischen Förderprogrammen haben mehrere Firmen grosse Wasserstoffprojekte angekündigt. So plant beispielsweise das Konsortium «Green Hydrogen Catapult» eine Produktion von 25 Gigawatt grünem Wasserstoff ab 2026. Dies entspricht dem Fünfzigfachen der heutigen globalen Produktion und bedarf einer Investition von über USD 110 Milliarden.


Von dieser positiven Entwicklung dürften neben dem Klima vor allem auch die Hersteller der Wasserstofftechnologien, deren Zulieferer und auch die Produzenten von erneuerbaren Energien profitieren.

So stehen die Zeichen gut, dass die Wasserstofftechnologie einen bedeutenden Beitrag zur Lösung des Klimawandels beitragen kann. Je stärker die politische Unterstützung und je höher die Investitionen sind, desto schneller wird die Energiewende vonstattengehen. Der (grüne) Wasserstoff kann aber nicht als alleinige Wunderwaffe gegen den Klimawandel hochstilisiert werden. Er ist immer nur in Kombination mit anderen Ansätzen und Technologien zur Treibhausgasreduktion wie der Elektrifizierung zu sehen.

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