Künstliches Fleisch, um den Planeten zu retten?

by

Eve Morelli,

17.11.2021
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Eine Reduktion des Fleischkonsums oder eine vegetarische Lebensweise verringert also unseren CO2-Fussabdruck erheblich. Künstliches Fleisch könnte eine Alternative sein. Deshalb haben wir näher angeschaut, wie es produziert wird, was die Vorteile sind und, ob es wirklich notwendig ist

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Eine Reduktion des Fleischkonsums oder eine vegetarische Lebensweise verringert also unseren CO2-Fussabdruck erheblich. Eine abwechslungsreiche vegetarische Ernährung versorgt Dich mit allen wichtigen Nährstoffen. Wenn Du jedoch vegan lebst, musst Du Dich mit Vitamin B12 versorgen oder ausreichend angereicherte Lebensmittel essen. B12 ist nämlich der einzige essenzielle Nährstoff, welcher nicht über eine pflanzliche Ernährung aufgenommen werden kann und mehrheitlich durch den Verzehr tierischer Produkte zugeführt wird. Brauchen wir also Alternativen zu Fleisch?

Seit dem Nahrungsgenerator in Star Trek denken die Menschen an eine Maschine, die Nahrung erzeugt. Noch geschieht dies nicht einfach per Knopfdruck. Aber Techniken der Gewebezüchtung, die ursprünglich für medizinische Behandlungen entwickelt wurden, werden jetzt zur Herstellung von Lebensmittel eingesetzt. Künstliches Fleisch könnte daher eine Alternative sein, um unseren ökologischen Fussabdruck zu verringern. Was sind die Vorteile? Und könnte es dazu beitragen, das SDG 12 ‘Verantwortungsvoller Konsum und Produktion’ zu erreichen?

Im Jahr 1931 erklärte Winston Churchill: "In fünfzig Jahren werden wir der Absurdität entkommen, ein ganzes Huhn zu züchten, um die Brust oder den Flügel zu essen, indem wir diese Teile separat in einem geeigneten Medium züchten." Es hat etwas länger gedauert, aber jetzt ist es möglich, Muskelgewebe für die Fleischproduktion zu züchten.

Wie wird synthetisches Fleisch hergestellt?


Es gibt drei mögliche Methoden, die auch kombiniert werden können:

  1. Beim Tissue Engineering (Gewebezucht) wird ein biologisch abbaubares Gerüst mit losen Zellen besiedelt. Das Gerüst wird dann in einen Bioreaktor eingebracht, der mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt wird. Die Zellen wachsen in das Gerüst ein und nehmen ihre Form an. So wird das gewünschte Organ gebildet. Das Muskelprotein wird dann produziert und kann “geerntet” werden.

  2. Vorhandenes Muskelgewebe verwenden und dieses kultivieren.

  3. Organdruck (Bioprinting), der ursprünglich zum Zweck der Herstellung von Organen für Transplantationen entwickelt wurde. Wie funktioniert dies? Wie bei einem herkömmlichen Drucker bringen die Forscher Zellen statt Tinte in Substrate ein, die als Druckpapier dienen. Diese Substrate sind abnehmbar oder biologisch abbaubar. Der Drucker ordnet die Zellen schichtweise an, so dass schliesslich ein 3D-Organ entsteht. Der 3D-Druck bietet leistungsstarke Möglichkeiten, um alle Arten von Fleisch zu entwickeln und das Aussehen, die Textur und den Geschmack des Fleisches kontinuierlich anzupassen.


Die derzeitigen Hersteller von künstlichem Fleisch beginnen mit der Gewebezüchtung und führen sie dann in einen Bioreaktor ein, um den natürlichen Fütterungsprozess der Tiere zu reproduzieren. Die künstlich hergestellten tierischen Gewebe werden dann in einem Bioreaktor mit Nährstoffen und Sauerstoff "gefüttert". Die letzte Phase der Produktion umfasst den 3D-Druck, mit dessen Hilfe Form, Textur und Geschmack des Fleisches angepasst werden. Das Produkt wird dann einer Sicherheits- und behördlichen Prüfung unterzogen.

Was sind die Vorteile von künstlichem Fleisch?


Damit synthetisches Fleisch echtes Fleisch ersetzen kann, muss es auch so schmecken und sich so anfühlen. Die Essqualität von Fleisch wird anhand seiner Zartheit, Saftigkeit und seines Geschmacks gemessen. Die Zartheit wird oft als das Wichtigste angesehen. Der Geschmack von konventionellem Fleisch wird durch das Alter des Fleisches, die Struktur der Kohlenhydrate und durch den Stress vor der Schlachtung beeinflusst. Bei der herkömmlichen Fleischerzeugung werden in den Schlachthöfen in der Regel chemische Behandlungen oder mechanische Belastungen vorgenommen, um die Zartheit des Fleisches zu verbessern. Der Nährwert von Fleisch besteht in der Regel aus einem hohen Gehalt an gesättigten Fettsäuren und einem geringen Gehalt an ungesättigten Fettsäuren. Ein Vorteil von synthetischem Fleisch ist, dass man den Geschmack und den Fettgehalt während des Produktionsprozesses einstellen kann. Elektrisch induzierte Bewegung kann den Stress vor der Schlachtung ersetzen, um die Textur und Form von Fleisch nachzubilden.

synthetic meat burgerIm Produktionsprozess können beliebige Nährstoffe oder Vitamine hinzugefügt werden, um den Nährwert des Fleisches zu verbessern. Synthetisches Rindfleisch, das mit Vitamin C angereichert ist, könnte zum Beispiel ein gängiger Zusatzstoff werden, da es die Eisenaufnahme fördert. Das wäre ein guter Schritt, um das SDG 3 (Gesundheit und Wohlergehen) zu erreichen, da Eisenmangel bekanntlich der häufigste Nährstoffmangel der Welt ist.

Künstliches Fleisch kann auch enorme Vorteile gegenüber der traditionellen Fleischproduktion bieten: Es werden nur sehr wenige natürliche Ressourcen in der Wertschöpfungskette benötigt, so dass keine Abholzung erforderlich ist. Ausserdem wird bei der Herstellung von kultiviertem Fleisch etwa 90% weniger CO2 ausgestossen als bei der Herstellung von herkömmlichem Fleisch.

Darüber hinaus reduziert synthetisches Fleisch die Verbreitung potenzieller Infektionskrankheiten, die vom Tier auf den Menschen übertragen werden. Das Fleisch wird in einer sterilen Umgebung ohne Wachstumshormone, gentechnisch veränderte Organismen (GVO) oder Antibiotika hergestellt, wodurch das Risiko lebensmittelbedingter Krankheiten minimiert wird. Nach Sicherheitstests und behördlichen Prüfungen wurden Lebensmittel aus kultivierten Tierzellen im Dezember 2020 von der FDA (Food and Drug Administration) zugelassen. In Singapur ist es nun möglich, synthetisches Fleisch zu essen, und die USA könnten im Jahr 2022 folgen. Den ersten Testern zufolge gibt es kaum geschmackliche Unterschiede.

Aber ist synthetisches Fleisch wirklich notwendig?


Künstliche Lebensmittel sind unnatürlich, und dieses einfache Argument könnte für viele von uns ausreichen, um diese als mögliche Nahrungsquelle auszuschliessen. Der Mensch ist jedoch von Natur aus ein “Allesfresser”. Daher wäre es einfach zu argumentieren, dass Vegetarismus oder Veganismus ebenfalls unnatürlich sind. Es geht hier jedoch nicht darum, zu argumentieren. Aber wäre es nicht sinnvoll, einfach den Fleischkonsum zu reduzieren? Wenn Du direkt bei lokalen Produzenten kaufst, dein eigenes Gemüse anbaust oder weiterhin Fleisch isst, aber biologisch und nur bei seltenen Gelegenheiten, kann Dein Lebensstil mit einem 1,5-Grad-Szenario vereinbar sein (vorausgesetzt, Du fährst lieber mit dem Fahrrad zu einem nahen gelegenen Bauernhof als mit dem Auto!) Das erklärt Edouard Davin, Forscher an der ETH Zürich und Mitverfasser des IPCC (zu Deutsch Weltklimarat) -Sonderberichts über Klimawandel und Landsysteme im 2019: Mit einem Fleischkonsum von 15kg pro Person und Jahr liesse sich das 1,5-Grad-Klimaziel erreichen. In der Schweiz wäre das dreimal weniger als heute. Flexitarier oder Flexitarierin zu werden scheint also eine gute Option zu sein

2019 wurde auf der Internationalen Raumstation zum ersten Mal kultiviertes Fleisch (Laborfleisch) produziert. Das ist keine Science-Fiction mehr, sondern echte Wissenschaft. Der ökologische Fussabdruck von kultiviertem Fleisch ist drastisch besser als der von herkömmlichem Fleisch und trägt somit zum SDG 12 (Verantwortungsvoller Konsum und Produktion) bei. Allerdings wird dies höchstwahrscheinlich weiterhin teuer bleiben und nur für Menschen in reichen Ländern verfügbar sein. Skaleneffekte werden tatsächlich eine Herausforderung bleiben, da man nicht einfach grosse Bioreaktoren verwenden kann, ohne das Infektionsrisiko zu erhöhen.

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