Frieden ist mehr als die Abwesenheit von Krieg

28.03.2022
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Der englische Philosoph Thomas Hobbes unterstellte der Menschheit pauschal Barbarei und bestritt deren Eignung zu selbstbestimmter Harmonie. Dagegen meinte der deutsche Philosoph Immanuel Kant, der Frieden sei letztlich eine Frage der Vernunft. Seit 1945 wurden weltweit fast 300 bewaffnete Konflikte ausgetragen. Obschon die Welt nach Ende des Kalten Krieges friedlicher wurde, ist schon vor dem Ukrainekrieg eine Trendwende hin zu mehr Gewalt und Instabilität feststellbar.

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Dafür sind soziale Ungleichheiten, Klimawandel und nicht zuletzt Covid-19 bedeutsame Treiber. Diese Entwicklung kollidiert mit der globalen Absicht, eine friedliche und inklusive Gesellschaft für eine nachhaltige Entwicklung zu fördern. So stellt sich die Frage, ob ein friedliches Miteinander entsprechend dem Ziel 16 der Agenda 2030 gelingen kann, oder ob Hobbes Recht behalten soll. Das zu beantworten, bedarf vorab einer Klärung, was überhaupt als ‘friedlich’ gilt.

 

 

Von Teufeln, Eseln und der Vernunft


Frieden ist kein modernes Konzept. Die Ursachen für Unfrieden bzw. die Fragen nach Gerechtigkeit, Moral und Ordnung beschäftigen Denkende seit der Antike. Schriften und Artefakte, welche Ideen des harmonischen Zusammenlebens belegen, reichen sogar bis ins sechste Jahrhundert vor Christus zurück. Auch wenn sich die Menschheit seit jeher immer wieder bekriegte, ist der Wunsch nach Frieden gleichermassen ureigen. Analog diesen Turbulenzen entwickelten sich Konzepte und Theorien, welche das menschliche Zusammenleben sinnstiftend organisieren sollen, zeitweise in die eine oder andere Richtung.

Beispielsweise sahen Thomas Hobbes und Friedrich Nietzsche schwarz, wenngleich 250 Jahre zwischen ihrem Schaffen lagen. Die beiden waren sich einig, dass der ‘Homo Sapiens’ von Natur aus bloss nach Macht giert und sich über kurz oder lang selbst den Garaus machen wird.

In der Annahme, dass Gerechtigkeit der Kit menschlichen Zusammenlebens ist, und wir sowohl individuell wie auch gesellschaftlich dem eigenen Glück verpflichtet sind, ging Immanuel Kant die Sache etwas rationaler an. Er forderte, dass wir uns nicht wie Esel fremdbestimmen lassen, sondern unseren Verstand aktivieren und so das eigene Schicksal lenken sollten. Die so erlangte Freiheit grenzt an jener unserer Mitmenschen. Kant schlug daher vor, ebendiese Grenzen mithilfe von Gesetzen zu regulieren. Kant missbilligte die naturrechtlichen Thesen seiner Vordenker. Er glaubte weder, dass die Menschen von Natur aus des Teufels sind, noch meinte er, dass Frieden an sich gegeben sei. Frieden muss gestiftet werden und auch Frieden bedarf regulatorischer Rahmenbedingungen. Dieser Ansatz prägte die spätere Entwicklung des Friedensbegriffes im Westen massgeblich und diente der Charta der Vereinten Nationen als Grundlage.

Kein Krieg, sondern Entfaltung


Konventionelle im Westen gebräuchliche Friedensbegriffe erinnern bis heute an Kant. Intuitiv stellt man sich unter ‘Frieden’ einen Zustand ohne Gewalt, Konflikt oder Krieg vor. Diese Eingebung ist nicht falsch; die Friedenswissenschaften bejahen Frieden allerdings erst dann, wenn sowohl direkte Gewalt als auch strukturelle Gewalt abwesend sind. Wem unmittelbarer physischer Schmerz zugefügt wird oder wer gezwungen ist, psychisches Leid zu ertragen, erfährt direkte Gewalt. Eine Ohrfeige, Raubmord aber auch das Beschallen eines Häftlings mit lauter Musik sind allesamt Realisationen dessen. Strukturelle Gewalt erleidet, wem die Möglichkeit unnötigerweise verwehrt wird, sein Potential bestmöglich zu entfalten.

In den USA sind beispielsweise mehr als fünf Millionen Haushalte von Hunger betroffen, das heisst, den betreffenden Menschen ist es nicht möglich, täglich die notwendige Menge an Kalorien aufzunehmen. Wer nicht genügend isst, kann nichts leisten, und wer nichts leisten kann, dem gelingt es nicht, sein Potential voll auszuschöpfen. Diese Unterversorgung ist für ein reiches Land wie Amerika widersprüchlich, da grundsätzlich ausreichend Lebensmittel zur Verfügung stehen, um alle Haushalte zu versorgen. Fehlende Nahrungssicherheit ist hier die Verwirklichung struktureller Gewalt.

Soziale Gerechtigkeit als Gewaltprävention


Das heisst, Frieden, so wie in SDG16 der Agenda 2030 vorgesehen, herrscht dann, wenn Gesellschaften ohne Angst vor Gewalt leben, Zugang zur Justiz haben und sich auf leistungsfähige, rechenschaftspflichtige wie inklusive Institutionen auf allen Ebenen verlassen können.

Für die USA hiesse dies, die soziale Ungerechtigkeit der Nahrungsunsicherheit zu überwinden und damit auch das erhöhte Risiko direkter Gewalt. Frieden setzt aber sowohl die Möglichkeit eines unbehinderten Austausches wie auch einer gleichberechtigten Willensbildung voraus. Ob dies in Form von Wahlen an einer Urne oder in beratender Verhandlung unter einem Baum gewährleistet wird, ist zweitrangig. Wesentlich bleibt die moralische Forderung nach Strukturen, anhand derer Entfaltung möglich ist und so der Gefahr von Gewalt präventiv entgegenwirkt – dann ist es friedlich.

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